Himmelfahrt

22. Mai 2023

 

 

Der Feiertag, der den Namen „Christi Himmelfahrt“ trägt, ist vorüber. Aufräumen ist weithin angesagt. Der ganze Müll der feiernden Gesellschaften wird von den Ordnungsagenten der Kommunen und Kreise eingesammelt und seiner weiteren Verarbeitung zugeführt. Wie auf Erden so im Himmel … Wollte man sich vorstellen, wie der auferstandene Christus sprichwörtlich gen Himmel fährt (Kinder malen derlei ja gern mit Raketenantrieb oder vergleichbaren Flughilfen zur Freude der Kindergottesdienst- oder Grundschullehrerinnen), dann hätte er ein nicht unbeachtliches Problem: Die Kollisionsgefahr mit den über den Wolken und dem Firmament herumfliegenden, z. T. auch -irrenden Satelliten und anderen technischen Himmelskörpern wäre keineswegs gering. Die Vermüllung der Erdatmosphäre oberhalb der Tropopause ähnelt etwa dem Stand eines normalen Stadtparks nach dem Abzug der Saufkohorten, die den Vatertag in sein Recht gesetzt haben. In den Himmel zu fahren heißt eben auch, irgendwie mit dem ganzen Erdenprüll nach oben zu kommen. Der russische Astronaut Juri Gagarin hatte Anfang der 60er tatsächlich erwogen, ob er mit einem Engel oder einem spirituellen Himmelskörper zusammentreffen könnte, und war ganz erleichtert, dass er Gott und die himmlischen Heerscharen nicht zu Gesicht bekam. Heutigentags sind wir einen – auch geistlichen – Schritt weiter. Wir fragen uns nicht so sehr, wo sich denn die Himmelsbevölkerung versteckt haben könnte, sondern drängender, wer uns den ganzen Müll, den menschliches Leben anhäuft, wieder entsorgen und beiseite räumen könnte. Plastikflaschen und Einweggrills geht ja noch, aber der ganze Rest??
Zeit also, der Himmelfahrt einen anderen Sinn zu geben: Das entropische Aufkommen des Lebens in Hände zu geben, die damit etwas anfangen können. Arbeit genug für den Auferstandenen.

Helmut Aßmann

 

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